elevatr: Bettina, dein erster Arbeitsplatz im Londoner Hilton Hotel war der Fahrstuhl. Was waren die ausschlaggebenden Faktoren, die deine eigene Karriere „elevatet” haben?
Bettina Schütt: Korrekt, mein erster Job in Park Lane war Aufzugfahren. Als Trainee habe ich Gäste auf die Zimmer begleitet und viel Trinkgeld bekommen, das hat geholfen ab und zu mal einen Abend im Pub verbringen zu können – es war so irre teuer!
Aber jetzt im Ernst: Ich hatte das Glück, nach meiner Zeit im Front Office in die HR- und später in die IT-Abteilung zu kommen, dort habe ich viel über Teams gelernt und in der IT über Systeme – zu dieser Zeit waren Front- und Back Office noch manuell. Die angesprochenen Systeme habe ich dann geholfen, zu installieren, und so fing meine Karriere an. Denn ich konnte dadurch die Operations und die Administration in kurzer Zeit sehr gut kennenlernen und habe danach in Gatwick und Düsseldorf auch weiter als IT-Managerin gearbeitet.
Und was kam nach der IT?
Controlling und Buchhaltung – auch hier lernte ich sehr viel über das Hotel. In Berlin folgte dann ein Rebranding von einem ostdeutschen Interhotel in ein internationales Hilton – alles sehr erfahrungsreich! Und da habe ich gemerkt, dass es besser ist, in der ersten Reihe zu stehen, als auf der zweiten Position – ich wollte das selbst machen. Nach einem erfolgreich bestandenen Assessment für Business Development und einem anschließenden GM-Assessment, habe ich die Scandic Integration in Europa begleitet – wir haben damals 25 Hotels umgestellt. Dann war ich bereit für meinen ersten GM-Posten in Antwerpen, zehn Jahre später Area GM und nochmal zehn Jahre später nun COO bei Dorint.
Also viel Veränderung über die Jahre. Was ist ein Transformationsfaktor, den die Branche noch zu wenig im Blick hat?
Ich hatte das große Glück, dass ich bei Hilton einen Mentor hatte, der mich begleitet hat und dafür gesorgt hat, dass ich auch in höhere Positionen kommen konnte. Dies passiert in den meisten Betrieben noch zu wenig. Wir müssen zudem alle Leader dafür sensibilisieren, dass gemischte Teams viel besser funktionieren und erfolgreicher sind. Also bei zwei Bewerbungen mit gleichen Qualifikationen immer das andere Geschlecht einstellen!
„Führungskräfte müssen empathisch sein und über gute soziale Kompetenzen verfügen.“
Welche Schritte sind nötig, damit (auch geschlechtlich) heterogenere Gruppen in Top-Management-Positionen zu finden sind?
Das Wichtigste ist: Wir brauchen Netzwerke, in die alle Menschen integriert sind. Wir brauchen mehr Mentoren für unsere Talente und wir müssen verstärkt auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingehen. Teilzeit, Jobsharing, Rückkehr nach Sabbatical und oder Elternzeit auf gleiche oder höhere Niveaus sind Schlüsselbegriffe.
Was macht die Leader der Zukunft erfolgreich?
Aufgrund des Wandels in der Arbeitswelt verändern sich auch die Erwartungen an Führungskräfte. Wichtig ist vor allem, dass diese Führungskräfte sind – und nicht ausschließlich Manager, die Prozesse steuern. Leadership bedeutet vor allem, sich schnell auf neue Situationen, Technologien und Arbeitsweisen einstellen zu können. Das einzig Beständige ist der Wandel. Und durch diesen müssen erfolgreiche Leader ihre Teams führen. Führungskräfte sollten zudem die Vision für die Zukunft des Unternehmens maßgeblich mit nach vorne bringen und die gewünschte Unternehmenskultur vorleben und stärken. Dafür entscheidend und wichtiger denn je sind die Social Skills. Führungskräfte müssen empathisch sein und über gute soziale Kompetenzen verfügen. Sie müssen in der Lage sein, ihre Mitarbeitenden zu verstehen, zu motivieren und zu unterstützen. Der Aufbau von starken Beziehungen wird entscheidend sein, um eine positive und produktive Arbeitsumgebung zu schaffen.
Welche Voraussetzungen am Arbeitsplatz sollten diese Leader forcieren, um mehr Diversity auch auf den Nicht-Management-Ebenen zu fördern?
Wir leben in einer zunehmend globalisierten und vielfältigen Arbeitswelt. Daher ist es wichtig, dass unsere Führungskräfte die Bedeutung von Diversität und Inklusion erkennen und aktiv fördern. Erfolgreiche Führung wird sich darauf konzentrieren, ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Mitarbeitenden ihr volles Potenzial entfalten können. Eine inklusive Unternehmenskultur schafft ein Umfeld, in dem sich Mitarbeitende verschiedener Herkünfte, Orientierungen und Erfahrungen willkommen und wertgeschätzt fühlen. Unternehmen sollten daher klare Werte und Richtlinien für Vielfalt definieren – und vorleben.
Wie schaffen sie das?
Sensibilisierungs- und Schulungsprogramme können dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und das Bewusstsein für Vielfalt und Inklusion zu schärfen. Wichtig ist aber auch, dass unsere Rekrutierungs- und Auswahlprozesse frei von Vorurteilen sind. Bei Stellenanzeigen sollten wir eine inklusive Sprache verwenden und verschiedene Plattformen nutzen, um eine breite Palette von Kandidaten anzusprechen. Und nicht zuletzt werden flexible Arbeitsmodelle immer wichtiger. Teilzeit- oder Homeoffice-Optionen ermöglichen es Mitarbeitenden, Berufs- und Privatleben besser zu vereinbaren. Das kann beispielsweise für Menschen mit Handicap, aber gleichzeitig auch für Eltern oder pflegende Angehörige von Vorteil sein.
„Um eine unterstützende und fürsorgliche Arbeitsumgebung zu schaffen, muss die Arbeitsatmosphäre von Offenheit, Transparenz und Fairness geprägt sein.“
Auf welche Werte in der Zusammenarbeit sollte in Unternehmen künftig geachtet werden?
Allen voran Respekt! Respekt schafft eine Atmosphäre, in der sich alle Mitarbeitenden sicher und akzeptiert fühlen. Auch Gleichberechtigung ist ein wichtiger Wert, um Chancengleichheit für alle Personen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religion, ihrer Einschränkung oder anderen Merkmalen sicherzustellen. Es bedeutet auch, dass jeder die gleichen Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung und Talententfaltung bekommt.
Um eine unterstützende und fürsorgliche Arbeitsumgebung zu schaffen, muss die Arbeitsatmosphäre von Offenheit, Transparenz und Fairness geprägt sein. Es ist eine Frage der Unternehmenskultur, in der diese Werte verankert sein sollten, um von allen Mitarbeitenden gelebt zu werden.
Last but not least: Deine letzten Worte vor dem Aussteigen aus dem Elevator?
Ich liebe meinen Job, ich liebe unsere Branche! Etwas Besseres, als da zu arbeiten, wo alle happy sind, wo viel gelacht wird, wo hart gearbeitet wird, wo man so viele Kulturen kennenlernt und wo unterschiedlichste Teams zusammenarbeiten, gibt es nicht!
Interview: Verena Usleber