elevatr: Magdalena Rogl, in deinem Buch „MitGefühl“ beschreibst du Emotionen und Empathie als Schlüsselfaktoren im Berufsleben. Gab es für diese Erkenntnis einen „Schlüsselmoment“?
Magdalena Rogl: „Du bist zu emotional, das untergräbt deine Autorität!“ – diesen Satz hat mir eine junge Kollegin mal als Feedback gegeben. Mich hat das im ersten Moment stark irritiert, aber es war gleichzeitig eine Motivation für mein Buch. Denn noch haben Emotionen gerade im Berufskontext ein sehr schlechtes Image.
Was willst du mit deinem Buch bewegen?
Ich will eine Veränderung in der Arbeitswelt anstoßen und zeigen, welchen Wert Emotionen gerade auch im beruflichen Kontext haben. Emotionen machen uns als Menschen aus, sie helfen uns Beziehungen zu stärken, kreativer zu denken und Resilienz zu entwickeln. Es ist an der Zeit, Emotionen als wertvollen Bestandteil von Leadership und Innovation zu nutzen.
Was heißt das in Bezug auf neues Führen?
Neues Führen bedeutet für mich, eine empathische und mitfühlende Haltung einzunehmen, unabhängig von Hierarchien. Dabei sollte das Konzept von Leadership auf Emotionalität und Empathie, nicht auf Macht basieren. Denn empathische Führung fördert Innovation, Engagement und Teamzusammenhalt.
»Mitarbeitende der Hospitality brauchen ein gutes Gespür für Gäste, Einfühlungsvermögen und Resilienz. Emotionale Intelligenz und Empathie werden täglich gefordert und trainiert – das kann auch im Leadership helfen.«
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Was braucht es, um ein empathischer Leader zu werden?
Wichtig ist, dass wir uns erst einmal selbst reflektieren und ein echtes Bewusstsein für uns selbst entwickeln. An erster Stelle muss stehen, dass ich mich als Mensch selbst verstehe: Wer bin ich, was bringe ich mit, was sind meine Privilegien und meine Diversitätsaspekte? Erst wenn wir dieses Selbstmitgefühl entwickelt haben, können wir im Anschluss auch Mitgefühl mit anderen Menschen aufbringen und diese mit einbeziehen.
Im Grunde beginnen Inklusion und Diversität also bei Selbstmitgefühl und Empathie?
Korrekt. Und ein inklusives Arbeitsumfeld, also eines, in dem sich alle mit ihren Perspektiven einbezogen fühlen, alle sich gehört und geschätzt fühlen, hat viele Vorteile: Es ermutigt zur offenen Kommunikation und schafft Raum dafür, dass Menschen ihre individuellen Potenziale voll entfalten können, was letztendlich zu Innovation und Wachstum führt.
Noch werden Emotion und Mitgefühl häufig unterschiedlich bewertet, wenn die Geschlechter sie offen zeigen. Hat Emotionalität einen Gender Bias?
Es gibt viele Vorurteile in Bezug auf Emotionalität bei Frauen und Männern. Die gute Nachricht ist: Studien konnten belegen, dass Männer und Frauen in gleichem Maße emotional sind. Aber Emotionen und Mitgefühl werden oft unterschiedlich bewertet, je nachdem, von welchem Geschlecht sie gezeigt werden. Dieses Ungleichgewicht veranschaulicht, dass Emotionalität und Empathie mit Geschlechterstereotypen verbunden sind – das liegt unter anderem an unserer gesellschaftlichen und oft auch familiären Prägung. Es ist an der Zeit, diese Stereotypen zu überwinden.
Eine weitere Hürde auf dem Weg hin zu mehr Emotion im Arbeitsleben könnte sein, dass Selbstbewusstsein im Job zwar oft gefeiert wird, negative Emotionen aber häufig unter den Teppich gekehrt werden. Woran liegt das?
Wir nutzen das Wort Selbstbewusstsein falsch. Oft beschreiben wir damit Stärke oder Coolness. Was das Wort aber eigentlich meint, ist das zuvor schon angesprochene Bewusstsein für uns selbst – und dafür sind Emotionen und Selbstmitgefühl unerlässlich. Das zweite Missverständnis liegt in der Einteilung in positive und negative Emotionen. Das ist Quatsch, denn alle Empfindungen sind wichtig und haben ihre Berechtigung. Entscheidend ist, wie wir diese Emotionen wahrnehmen und reflektieren. Neid kann uns zum Beispiel viel darüber verraten, was wir uns selbst wünschen und uns so dabei helfen, eigene Ziele zu formulieren.
Gibt es sowas wie einen Trainingsplan „In 5 Schritten zur perfekten Emotionalen Intelligenz“?
So ein Trainingsplan existiert nicht, weil unsere Emotionen und vor allem wir als Menschen sehr unterschiedlich sind. Aber es gibt ein paar Punkte, die uns allen helfen können: Zuerst einmal sollten wir unsere Emotionen bewusst wahrnehmen – und das ist gar nicht so einfach, weil wir meist lange trainiert haben, unsere Emotionen zu ignorieren oder zu unterdrücken. Um Gefühle bewusst wahrzunehmen, ist es auch wichtig, sie konkret zu benennen. Meistens haben wir nur einen sehr beschränkten Wortschatz, was das angeht, hier kann zum Beispiel das „Rad der Emotionen“ helfen, das die verschiedenen Empfindungen und deren Kontext beschreibt. Wenn wir die Emotionen schließlich wahrgenommen und benannt haben, können wir sie reflektieren und vielleicht auch Muster erkennen – so können wir sie nutzen, um uns selbst besser zu verstehen und Empathie zu anderen zu stärken.
Hat die Hospitality als People’s Business hier einen Vorteil gegenüber anderen Branchen?
Ich glaube, die Hospitality kann durchaus von einem besonderen Vorteil in Bezug auf emotionale Intelligenz in der Arbeitswelt profitieren. Der zwischenmenschliche Kontakt ist hier von zentraler Bedeutung, Erlebnisse wie Reisen oder besondere Restaurantbesuche sind oft mit Emotionen verbunden. Mitarbeitende der Branche brauchen ein gutes Gespür für Gäste, Einfühlungsvermögen und Resilienz. Emotionale Intelligenz und Empathie sind hier täglich gefordert und werden so trainiert – das kann auch in der Zusammenarbeit und im Leadership helfen.
Interview (Auszug): Fabian Müller
»In einer Arbeitswelt, die auf Flexibilität, Selbstverantwortung und Innovation setzt, sind Emotionen Treiber für Engagement, Kreativität und Teamzusammenhalt.«