Skip to main content

#Transformation

„Wir bringen alle an einen Tisch.“ Das sagt Rügenwalder Mühle-CEO Michael Hähnel. Ein Gespräch darüber, wie sich das Familienunternehmen vom Wurstfabrikanten zu Deutschlands führendem Anbieter von Fleischalternativen transformiert hat. Und ein Blick in eine andere Branche.

Blick in die Zukunft, ohne die Wurzeln zu vergessen: Für Michael Hähnel, seit 2020 erster externer CEO des Familienunternehmens Rügenwalder Mühle, ist Mut ebenso wichtig wie Rückhalt. (Foto: Rügenwalder Mühle)

Auszug aus unserer elevatrEdition 2 – Mindset, Artikelveröffentlichung August 2022

Michael Hähnel, wie treffen Sie wichtige Entscheidungen?

Michael Hähnel: Um Entscheidungen zu treffen, braucht es Mut. In einem Unternehmen sollte man immer mutig sein – nur so kann man Dinge anders machen. Das geht natürlich mit einer gewissen Neugier einher. Bei Entscheidungen ist es zudem extrem wichtig, den Rückhalt der Gesellschafter zu spüren und zu wissen, dass Fehler gemacht werden dürfen, solange man diese anschließend korrigiert.

Worauf kommt es bei einer solchen Unternehmensübergabe an?

Respekt und Demut. Einem Externen in einem Familienunternehmen in einer solchen Position wird viel Vertrauen entgegengebracht. Schließlich übernimmt man in diesem Moment das Lebenswerk dieser Menschen oder ganzer Generationen.

Man könnte sagen, Rügenwalder hat den vegetarischen Braten lang vor den anderen gerochen. Was waren damals die ersten Reaktionen?

Als wir als Pionier in das Segment der Fleischalternativen eingestiegen sind, gab es den Markt de facto noch gar nicht – zu mindest nicht in den Regalen des Handels. Fleischalternativen waren ein Thema für das Reformhaus. Wir wurden von den Mitbewerbern natürlich belächelt oder sogar kritisiert. Sicherlich lag das auch daran, dass wir das erste fleischverarbeitende Unternehmen waren, das diesen Schritt gemacht hat.

„Schon jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Was kommt nach Soja?“

Wie passt ein Wursthersteller auf den Veggie-Markt?

Wir haben von vornherein gesagt, dass wir nicht dogmatisch sein oder missionieren wollen. Das heißt, wir schreiben niemandem vor, wie er oder sie sich ernähren soll, sondern machen ein Angebot für alle – für Vegetarier, Veganer und Fleischesser. Wir bringen alle an einen Tisch. Unsere größte Konsumenten gruppe sind die Flexitarier.

Hat der Markt das 2014 schon begriffen?

Wir mussten damals nicht nur alles von Grund auf entwickeln, sondern auch unseren Handelspartnern sowie den Verbrauchern erklären, um welche Produkte es sich überhaupt handelt, welchen Mehrwert sie haben und wo man sie platziert.

Wie schnell hat diese Taktik Früchte getragen?

Der Mut und Pioniergeist unseres Familienunternehmens, damit ein weißes Blatt Papier zu füllen, wurde schnell belohnt. Wir hatten anfangs geplant, fünf Tonnen fleischfreier Alternativen pro Woche herzustellen. Innerhalb von kürzester Zeit waren es 100 Tonnen pro Woche.

Welche Challenges bringt eine so schnelle Veränderung mit sich?

Bei einer so großen Nachfrage und einem so rasanten Wachstum bleiben Schwierigkeiten natürlich nicht aus. Mit dem äußerst dynamischen Wachstum kam auch ein gewisser Wachstumsschmerz, denn wir mussten viele Prozesse und Strukturen neu denken und unsere Kapazitäten massiv erweitern. Inzwischen haben wir drei Produktionsstandorte und unsere Anzahl an Mitarbeitenden hat sich seit der Einführung des ersten Veggie-Produktes nahezu verdoppelt. Das gesamte Unternehmen steckt in einem bis heute andauernden Transformationsprozess.

Vergangenes Jahr hat die Rügenwalder Mühle dann erstmals mehr Veggie- als Fleischprodukte verkauft …

Der Umsatz hat sich bereits in den vergangenen Jahren sukzessive gesteigert. Wir haben konstant circa 50 Prozent mit Fleisch und 50 Prozent mit Fleischalternativen umgesetzt. Dass sich dieses Gewicht 2021 zum ersten Mal in Richtung der Fleischalternativen verschoben hat, spiegelt den aktuellen Ernährungstrend wider. Mehr Menschen achten auf ihre Ernährung oder verzichten ganz auf Fleisch. Die Gründe dafür sind ganz vielfältig, vom Tierwohl bis zum Klimaschutz.

„Das Mindset eines Familienunternehmens funktioniert anders als die Logik großer Firmen.“

Wird es bei Rügenwalder also bald kein Fleisch mehr geben?

Aktuell sehen wir in der alternativen Sparte unsere größten Wachstumschancen für die nächsten Jahre. Trotzdem sagen wir auch ganz klar, dass wir in Zukunft nicht ausschließlich auf Fleischalternativen setzen werden. Wir sind als fleischverarbeitendes Unternehmen gestartet, das sind unsere Wurzeln, und die wollen wir uns auch bewahren.

Dennoch verändern sich die Gegebenheiten in Europa und auf der Welt, Roh stoffe werden knapper. Wie geht die Rügenwalder Mühle damit um?

Wir arbeiten kontinuierlich daran uns weiter zuentwickeln, sowohl bei unseren Fleisch produkten als auch bei denen ohne Fleisch. Schon jetzt müssen wir uns dabei die Frage stellen: Was kommt nach dem Soja? Wir schauen uns zum Beispiel gerade nach weiteren heimischen Proteinquellen um. Auch die Themen cell-based meat, sprich kultiviertes Fleisch, oder Fermentation, sind für uns sehr interessant und könnten künftige Trends werden. Entscheidend ist, weiter offen für Weiterentwicklung und Neues zu sein.

Also alles Einstellungssache. Gibt es für Sie so etwas wie ein „Mindset des Mittelstandes“?

Das Mindset in einem Familienunternehmen funktioniert sicher ganz anders als die Logik großer Firmen. Es wird genau überlegt, was gemacht wird und gleichzeitig steht immer die Langfristigkeit im Fokus. Ein altes, traditionsreiches Familienunternehmen denkt nicht von einer Quartalszahl zur nächsten, sondern plant langfristig.

Ihr persönliches Motto lautet: „Entschuldigen kannst du dich später“ – eine langfristig erfolgreiche Strategie?

Dahinter stehen natürlich verschiedene Lernkurven. In jungen Jahren gab es schon ein paar Gelegenheiten, bei denen ich zu schnell oder zu forsch in Themen reingegangen bin. Dazu kommt, dass ich jemand bin, der sich gerne reibt. Ich brauche die Reibung auch im Umgang mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Für mich habe ich gelernt, dass dabei häufig etwas Besseres rauskommt, als wenn man Dinge von Anfang an einfach so akzeptiert.

Unlock your mindset! Entdecke alle Floors der „elevatrEdition #2 – Mindset“

Es sind fast immer die Gedanken, die das Match entscheiden, nicht die Technik. Erfahre, warum ein starkes Mindset der ultimative #gamechanger ist.

➤ ➤ ORDER YOUR MAG NOW