elevatr: Du bist auf dem Weg, den elterlichen Betrieb in fünfter Generation zu übernehmen. Seit wann hast du diesen Wunsch, Jakob?
Jakob Fäßler: Aus heutiger Perspektive kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als den Beruf des Hoteliers. Aber letztlich war es schon ein Prozess, der mir immer wieder gezeigt hat, dass Hotellerie für mich Berufung ist. Schon als Kind war es ein echtes Highlight, Zeit im Hotel zu verbringen. Meiner Mutter ist es heute noch wichtig, privates und berufliches Leben zu trennen, und so waren meine Schwester und ich eigentlich nur samstags im Hotel. Ich habe es geliebt, mit den Gästen im Restaurant zu essen. Großen Spaß hatte ich auch immer dabei, als Ferienjobber im Hotel mitzuhelfen. Ich habe das nie als Arbeit empfunden. Aus Erzählungen weiß ich, dass mich die Geschichten von Menschen im Hotel und wie sich die Sonnenalp baulich entwickelt hat, schon früh fasziniert haben.
Du bist mit 14 Jahren auf die Tourismusfachschule Villa Blanka gegangen. Wer hat das entschieden?
Das war ich. Mit 13 Jahren habe ich meine Eltern gefragt, ob sie nicht wollen, dass ich einmal das Hotel übernehme. Wir hatten nie darüber gesprochen und so hatte ich das Gefühl, dass sie mich nicht als ihren Nachfolger wollen. Beide waren über meine Frage gleichermaßen überrascht, glücklich und erleichtert. Obwohl es ihr innigster Wunsch ist, dass der Betrieb in der Familie bleibt, wollten sie mich nie dazu drängen oder meinen beruflichen Weg beeinflussen. Mein Vater erzählt heute noch, dass ihn diese Zurückhaltung viele Nerven gekostet und ihm meine Frage die Tränen in die Augen getrieben hat. Sie unterstützen und begleiten mich auf meinem Weg, aber letztlich entscheide und gehe ich meine Schritte selbst.
Der Name Fäßler ist in der Hotellerie stark mit der erfolgreichen Familiengeschichte der Sonnenalp verbunden. Welche Rolle spielt das auf deinem bisherigen Karriereweg?
Hoffentlich keine. Während meiner Ausbildung bin ich ganz bewusst in Betriebe gegangen, in denen ich nicht als Jakob Fäßler von der Sonnenalp bekannt war. Ich wollte nicht bevorzugt werden, auch nicht bei Bewerbungen.
„Mit 13 Jahren habe ich meine Eltern gefragt, ob sie nicht wollen, dass ich einmal das Hotel übernehme.“
Welche Talente für die Hotellerie hast du früh an dir entdeckt?
Ganz generell würde ich sagen, dass ich sehr praktisch orientiert, gut im Anpacken und Improvisieren bin. Spätestens seit ich neben meiner Ausbildung in Innsbruck Veranstaltungen für über 1.000 Gäste mitorganisiert habe, weiß ich, wie man Feuer löscht, ohne dass es die Gäste merken. Mein Vater sagt immer so schön, dass ich „lieber schnell als gar nicht reagiere“. Außerdem würde ich sagen, dass ich ein gutes Gespür für Menschen und unterschiedliche Charaktere habe. Ich bin ein Beziehungstyp, das hilft mir sehr im Umgang mit Gästen und Mitarbeitenden und trägt dazu bei, dass wir ein tolles Arbeits- und Urlaubsklima haben.
Was leitet dich auf deinem Weg der Unternehmensnachfolge?
Für eine gewisse Zeit Seite an Seite zu gehen. Ich bin überzeugt davon, dass beide Generationen, also die Eltern- als auch die Nachfolgegeneration, viel voneinander lernen und voneinander profitieren können. Wir sind ein Familienbetrieb mit langer Tradition. Was man als nachfolgende Generation keinesfalls machen sollte, ist, existierendes über den Haufen zu werfen. Es funktioniert ja offensichtlich. Für mich liegt der Schlüssel darin, das bewährte System unseres Privathotels mit meinen frischen Einblicken in internationale Betriebe und in die moderne Kettenhotellerie weiterzuentwickeln.
Was kann die ältere Generation dazu beitragen?
Dass meine Eltern das Haus in den letzten zehn Jahren baulich und organisatorisch modernisiert haben, ist für mich als Nachfolger natürlich eine enorme Erleichterung. Ich habe nicht nur das Glück, einen Betrieb zu übernehmen, der mir selbst gefällt. Ich tue mir als Juniorchef auch insofern leichter, als dass ich eine moderne Führungsstruktur erbe und nicht als struktureller oder personeller „Veränderer“ in den Betrieb komme. Für diese Weitsicht meiner Eltern bin ich sehr dankbar. Und auch dafür, dass ich dieses „Strategie-Gen“ von meiner Mutter geerbt habe.
Was sind deine nächsten Schritte?
Natürlich die Zukunftsstrategie 2030, an der wir erstmals zu dritt arbeiten. Dazu gehört auch, dass ich meine Führungskompetenzen ausbaue und in zwei bis drei Jahren eine eigene Abteilung leite. Parallel dazu habe ich an einer Fern-Uni angefangen, Hotelmanagement zu studieren.
Was wünschst du dir?
Dass ich durch meine Persönlichkeit die notwendige Akzeptanz als Unternehmensnachfolger in der Belegschaft erlange. Freuen würde ich mich, wenn meine Schwester Viktoria ins Unternehmen kommt. Sie beginnt ebenfalls ihre Ausbildung an der Villa Blanka und ich halte die weibliche Komponente für sehr wichtig in der Hotellerie. Da können wir uns sehr gut ergänzen. Und wie sagt meine Mutter immer so schön: „Unser Familiengefühl ist unser stärkstes Fundament.“
Interview: Nina Fiolka