elevatr: Oliver, Du hast über 30 Jahre Erfahrung in der internationalen Hotellerie auf drei Kontinenten. Gibt es so etwas wie eine „perfekte Mischung“ aus allem?
Oliver Bonke: Die perfekte Mischung wird ja oft mit etwas Neutralem, Ausgewogenem, gleichgesetzt, das sich von allem Erlebtem nur das Beste nimmt. Für mich persönlich ist es aber viel wichtiger, sich kulturell zu orientieren und eben keinen neutralen Mischwert zu erreichen. Es geht darum, Unterschiede zu nutzen, um robuste Entscheidungen zu treffen. Das ist auch das Tolle an der Hotellerie: Wenn wir reisen oder in den verschiedensten Teilen der Welt leben, verstehen wir wie etwas funktioniert und die Hintergründe.
Du hast mehr als neun Jahre in Asien gelebt. Inwiefern hilft Dir diese Zeit in Deiner Rolle als CEO von Deutsche Hospitality?
Ein entscheidender Teil meiner Rolle bei Deutsche Hospitality ist es, meine Erfahrungen mit der asiatischen Kultur als Basis in der Zusammenarbeit zu stärken und das Verständnis für kulturelle Unterschiede in unser Unternehmen einzubringen. Jede Unternehmenskultur basiert auf der Kultur eines Landes. Die Herkunft der Deutschen Hospitality ist Deutschland und die Herkunft von H World (drittgrößte Hotelgesellschaft der Welt nach Markt-Kapitalisierung, Anm.d.Red.) ist China. Unsere Kraft entwickelt sich, wenn wir das schnelle, innovative Handeln aus China mit der Sorgfalt und Präzision aus Deutschland bündeln. Damit werden wir gemeinsam etwas ganz Besonderes schaffen.
Welches Mindset hilft Dir dabei besonders?
Für mich ist ein „Learning Mindset” die Voraussetzung. Also sich nicht darauf zu fokussieren, was man bereits weiß, sondern was man noch lernen kann und muss. Damit herrscht eine Dynamik des Fortschritts und nicht des Stillstands.
Welche Aufgaben bewegen Dich seit Deinem Start im Mai besonders?
Seit fast 100 Jahren schreibt insbesondere die Marke Steigenberger Hotelgeschichte. Dieses Fundament gilt es für die gesamte Deutsche Hospitality einerseits zu hüten und zu pflegen, aber gleichzeitig auch zu modernisieren und weiterzuentwickeln. Wir haben ein strategisches Framework geschaffen, in dem wir uns genau diese Fragen stellen: Was macht uns stark? Was müssen wir grundsätzlich ergänzen? Oder: Was müssen wir anders machen, um uns am Bedarf der Reisenden zu orientieren? Hier arbeiten erfahrene Hotelmanager mit Nachwuchsführungskräften und Spezialisten aus der Zentrale in Frankfurt mit Kolleginnen und Kollegen von H World gemeinsam an der Zukunft von Deutsche Hospitality.
Was genau bedeutet strategisches Framework?
Wir haben in den wichtigsten Bereichen klare Ziele gesetzt, um unseren Erfolg zu sichern. Dazu zählen zum Beispiel Marken-Entwicklung, Digitalisierung der Firma, Qualität der Kundenzufriedenheit sowie unsere Aufgaben im Bereich Corporate Social Responsibility. Wichtig dabei ist, dass sich in diesem Framework alle Mitarbeitenden wiederfinden. Nur dann fühlt sich jeder beteiligt, ist motiviert und übernimmt auch Verantwortung, Ziele zu erreichen. Die Grundlage für eine Unternehmenskultur, die es dem Team ermöglicht, gemeinsam zu wachsen.
„Ein Learning Mindset ist für mich die Voraussetzung für Fortschritt.“
Was – aus Leadership-Perspektive – wird noch entscheidend sein für diese Unternehmens-Reise?
Enorm wichtig ist es, Vertrauen aufzubauen. Vertrauen kann man nicht einfordern. Das gilt es, über offene Kommunikation, einen konstanten Dialog und über das Zusammenbringen diverser Führungsstile zu stärken. Auch hier ist für mich ein Learning Mindset entscheidend: Don't know it all, but learn it all – das ist mein Credo als Führungskraft und auch privat. Nur mit dieser Haltung, so meine Überzeugung, kann ich Dinge verändern, bessere Entscheidungen treffen und Fortschritt bringen.
Sprechen wir über den Privatmenschen Oliver Bonke: Was bedeutet Hospitality als berufliches Umfeld für Dich in drei Worten?
Internationalität, Diversität, Menschen.
Was auf Deinem beruflichen Lebensweg hättest Du gern früher gewusst?
Dass mich das Lernen aus Fehlern weiter bringt, als die Angst davor. Und wie man mit Fehlern umgeht. Dass ich sie einordnen kann in der Relation zu dem, was wirklich passiert ist. Dies zu schulen, sehe ich heute als eine der relevantesten Leadership-Aufgaben.
Und als eine Deiner relevantesten Aufgaben als CEO von Deutsche Hospitality?
Mein Anspruch ist es, mit der Deutschen Hospitality als Teil des ersten Hotelunternehmens aus Asien unter die Top 5-Hotelfirmen weltweit zu kommen.
Interview: Nina Fiolka