Das Architekturbüro Hadi Teherani hat mit dem „Atmosphere by Krallerhof“ ein Design-Spa im Fünfsternehotel Krallerhof der Familie Altenberger entworfen und realisiert. Unter anderem umfasst das Projekt der Superlative einen 5.500 Quadratmeter großen Naturbadesee mit 50 Meter langem Infinity-Pool, ein spiralförmiges Atrium und eine Glasfassade, die sich in Gänze im Boden versenken lässt.
➤ Ein Interview mit Dr. Christian Bergmann und Sebastian Appl (beide Partner und Head of Architecture bei Hadi Teherani) sowie Patrick Hesse (Senior Architect & Projektmanagment).
elevatr: Ziel von Hadi Teherani Architects war es, für den Krallerhof in Leogang ein puristisch reduziertes Bauwerk zu schaffen, das sich in die Landschaft einfügt. Was war Ihre Ausgangssituation und wie sind Sie an die Aufgabe herangegangen?
Sebastian Appl: Vorgefunden haben wir ein bestehendes Hotel und einen dazugehörigen Spa-Bereich sowie eine besondere landschaftliche Situation mit einem wunderbaren Hang.
Dr. Christian Bergmann: Als Architekten arbeiten wir immer mit dem, was vorgegeben ist. Das Gefühl, das die Menschen in der wunderbaren Natur erleben, wollten wir aufnehmen und eine Atmosphäre der Entspannung – wie sie im Außenbereich herrscht – in den Innenbereich hineintransportieren.
elevatr: Wo lagen die Herausforderungen in Bezug auf das Bestandsgebäude?
Sebastian Appl: Es galt vor allem, das Bestandsgebäude nicht zuzustellen, sondern neue Perspektiven zu eröffnen – auch und insbesondere auf das gegenüberliegende Bergmassiv. Durch den Neubau sind nun beide Gebäude in einem anderen Kontext zu sehen und das gesamte Ressort wurde neu platziert. In die Landschaft eingegriffen haben wir an der Stelle, wo der große Badesee angelegt wurde. Ein weiteres Hauptfeature ist die auf 27,5 Meter lange und 2,50 Meter hohe herunterfahrbare Glasfassade zum See hin, die die Landschaft und die Jahreszeiten erlebbar macht.
Dr. Christian Bergmann: Interessant ist in diesem Kontext auch die Blickbeziehung zwischen den Gebäuden. Also der Blick aus dem Bestandsgebäude auf das Spa, das sich in die grüne Landschaft einpasst.
Patrick Hesse: Topografisch gab es auch zwischen den Gebäuden einiges zu beachten. Wir mussten uns beispielsweise unter dem bestehenden Pool durcharbeiten, um wieder auf Nullniveau zu gelangen – es galt hier, vier Meter zu überwinden. Das musste architektonisch so inszeniert werden, dass es für die Gäste auf dem Weg vom Bestandshaus zum Spabereich nicht langweilig wird.
elevatr: Im Spa angekommen dominieren geschwungene Formen. Wie beeinflusst diese Wahl das Wohlbefinden der Rezipienten?
Dr. Christian Bergmann: Organische Architektur macht etwas mit uns Menschen. In diesem Fall kreieren wir eine besondere Atmosphäre und ein Gefühl der Freiheit, weil die Räume ineinanderfließen und die Gäste ummanteln, statt den Raum zu begrenzen. Diese organischen Formen lassen keine direkte Definition von Boden, Wand und Decke mehr zu.
Sebastian Appl: Ganz wesentlich ist hierbei auch die Ost-West-Ausrichtung, die dafür sorgt, dass die Sonne von morgens bis abends durch das Gebäude strömt und die Stimmung maßgeblich beeinflusst. Am Lamellendach, das schon am Hotel beginnt und sich in den Spa-Bereich ausdehnt, brechen sich die Strahlen in einer besonderen Weise.
Patrick Hesse: Was man in diesem Zusammenhang noch beachten muss, ist, dass sich die Geometrie durch drei Linien definiert: Die Westfassade, der Mittelträger und die Ostfassade, die sich aufweitet. So sind alle Räumlichkeiten auf nur drei Grundlinien zurückzuführen.
elevatr: Was war in der Zusammenarbeit intern, aber auch im externen Bereich, wichtig, um ein stimmiges Gesamtbild zu erreichen?
Sebastian Appl: Respekt und im Umgang miteinander von jung bis alt und einander zuzuhören, auch mal zu diskutieren. Eine wichtige Rolle spielte auch die Offenheit der Bauherren.
Patrick Hesse: Spaß haben, Grenzgänger sein, sich selbst immer wieder gemeinsam zu fordern, das Team zu pushen und neue Dinge zu schaffen.
Dr. Christian Bergmann: Sich immer wieder gemeinsam Herausforderungen zu stellen, die wir uns zumeist selbst geschaffen haben. Was in diesem Zuge auch zu betonen ist, ist dass wir eine digitale Prozesskette aufgebaut haben. Wir gehen die Projekte bereits im Entwurf parametrisch an und können hochkomplexe Daten dreidimensional bearbeiten. Das zieht sich durch alle Planungsprozesse mit den Beteiligten bis hin zu ausführenden Firmen. Diese Daten können gemeinschaftlich bearbeitet werden – so fließt die Intelligenz aller Teilnehmer direkt bis auf die Baustelle. Es handelt sich also nicht um eine klassisch lineare Prozesskette, sondern um einen Prozess, der Design und Technik verbindet.
Was muss ein Spa-Bereich in Zukunft bieten können?
Dr. Christian Bergmann: Besonders im Alpenraum befindet sich der Bereich Hospitality im Wandel und ich denke, dass das „Atmosphere by Krallerhof“ ein Beispiel dafür sein kann, wie man eine Erlebniswelt auf Fünfsterne-Niveau kreiert, die ganzjährig als Attraktion für die Gäste spannend ist durch das Gefühl, dass sie hervorruft. Die Architektur leistet hier einen wesentlichen Beitrag zum Empfinden und für die Aufenthaltsqualität.
Was heißt nachhaltiges Bauen für Sie?
Dr. Christian Bergmann: Technisch: Wir sollten kein CO2 mehr in die Atmosphäre bringen und so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Zudem ist es wichtig, natürliche Ressourcen zu verwenden und diese auch so zu verbauen, dass sie am Ende ihrer Lebenszeit sortenrein in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden können. Wir haben in Augsburg beispielsweise unlängst ein Bürogebäude fertiggestellt, dessen Fassade zu 100 Prozent aus recyceltem Aluminium gefertigt ist. Beim Krallerhof wurde beispielsweise darauf geachtet, dass Firmen und Material aus der Umgebung kommen – was dazu beiträgt, dass die in den Stoffen gespeicherte graue Energie möglichst minimal gehalten wird.
Was ist mit dem sozialen Aspekt?
Um Nachhaltigkeit in einem gesellschaftlichen Sinne zu erlangen, sind Qualität und Langlebigkeit von Architektur maßgeblich. Orte zu schaffen, die eine so hohe Qualität haben, dass sie langfristig wertgeschätzt werden. Denn nur Orte mit hoher Lebenserwartung sorgen langfristig dafür, dass weniger Energie und Stoffe verbraucht werden. Die Wertschätzung für Architektur muss steigen – und das erzielen wir nur durch qualitätvolle Architektur.
Patrick Hesse: Beim Krallerhof wurde beispielweise mit Alpenmarmor und lokalen Hölzern gearbeitet, was den Bauherren auch wichtig war. Energie erzeugt wird dort mit einer Hackschnitzelheizung, die ihre Pellets aus dem benachbarten Sägewerk bezieht. So wird in Leogang ein lokaler Anziehungspunkt mit nachhaltig erlebbarem Raum geschaffen.
(Team Credits I Principal: Hadi Teherani, Partner in Charge: Sebastian Appl, Project Leader: Patrick Hesse, Design Principal: Kaveh Najafian, Head of Interior Design: Nicola Sigl)
Interview: Verena Usleber