Die Hotelbetreiberbranche verzeichnet seit Jahren Fusionen und Übernahmen. Und es scheint so, als ob dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Eine klare Prognose, wann der Höhepunkt dieser Aktivitäten erreicht sein wird, ist allerdings schwer zu treffen.
Was man sagen kann, ist: Derzeit lässt sich ein Paradoxon beobachten. Obwohl die wirtschaftlichen Bedingungen aufgrund der Corona Pandemie und des Krieges in der Ukraine schwieriger geworden sind, bleibt die Nachfrage von Gästen stabil beziehungsweise hat sich rasch von den Covid-Folgen erholt. Andererseits gibt es finanzielle Schwierigkeiten auf der Betreiberseite, die den Spätfolgen der Pandemie geschuldet sind. Und daraus hervorgehend einen stark beeinträchtigten Entwicklungsmarkt, der das geplante Wachstum von Betreibergesellschaften einschränkt.
#newbrands
Junge und dynamische Betreibergesellschaften wie Limehome, Stayery und Numa, die die Zeit der Corona Pandemie dazu genutzt haben, zu wachsen, haben die Entwicklung neuer und individueller Marken vorangetrieben. Diese Betreiber sind „digital born“ und haben den Vorteil, ohne große Hürden wachsen zu können. Zudem besteht für sie die Möglichkeit, moderne Technologien flächendeckend rasch einzuführen, ohne eine jahrelang dauernde umfassende globale Anpassung in Tausenden von Hotels vornehmen zu müssen. Zudem ist die Anzahl der Alt-Pachtverträge begrenzt, was den Handlungsspielraum erheblich vereinfacht. Solche Betreiber sind aber häufig Private Equity finanziert und müssen daher in den kommenden Jahren auch erhebliche Zinsen für den Kapitaldienst erwirtschaften.
#fusions
Die Ziele hinter den Fusionen und Übernahmen reichen über finanzielle Gründe wie Überschuldung häufig hinaus. Insbesondere Wachstum und Expansion stehen im Fokus, um durch Economies of Scale Kosteneinsparungen zu erzielen und letztlich eine führende Marktposition einzunehmen. Es geht um die Portfolio-Diversifizierung, um verschiedene Kundensegmente ansprechen zu können und das Risiko von Marktschwankungen zu minimieren. Gerade für Bestandsimmobilien werden derzeit beispielsweise neue Brands entwickelt oder von großen Konzernen gekauft, um die Abhängigkeit von neuen Developments zu verringern. ➤ Siehe auch Übersicht weiter unten im Artikel!
Go big or go home?
Doch welcher Umfang ist angemessen für solche Zusammenschlüsse – beziehungsweise zu klein oder gar zu groß? Generell ist es am Hotelbetreibermarkt schwierig, eine kritische Größe für Betriebsgesellschaften zu definieren, die notwendig ist, um das Überleben oder die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft sicherzustellen. Während es oft der Fall ist, dass kleinere Betriebsgesellschaften effizienter und vor allem schneller agieren können, haben die großen Betriebsgesellschaften wie Marriott, Hyatt und Accor aufgrund ihrer Reichweite und Größe Vorteile in den Bereichen Distribution und Kundenbindungsprogramme. Große Marken versuchen durch den Kauf von den „kleinen, schnellen Brands“ oftmals, sich etwas von den jungen, aufstrebenden Betreibern zu sichern – ein Beispiel könnte hier die Übernahme von 25hours durch Accor 2021 sein.
Klein, aber oho?
Eine gut aufgestellte, kleine Betriebsgesellschaft hat den Vorteil, dass sie ihre begrenzten Ressourcen auf eine spezifische Strategie und Marktsegmente konzentrieren und schneller auf Veränderungen am Markt reagieren kann. Sie kann sich auch flexibler an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen und auf die individuellen Anforderungen in ihren Hotels eingehen. Auf der anderen Seite können umfangreichere Betriebsgesellschaften aufgrund ihrer Größe und Reichweite höhere Investitionen in Marketing, Technologie und Personal tätigen. Sie haben auch eine stärkere Markenbekanntheit und können in der Regel bessere Konditionen bei Lieferanten und Dienstleistern aushandeln.
Die jungen Betreibergesellschaften sind wie erwähnt meist digital born und verfügen über zukunftsweisende IT-Systeme. Beispielsweise sind Neuerungen wie Predictive AI für diese Unternehmen kein Fremdwort. Dagegen hinken große Betreiberfirmen in der technologischen Entwicklung nicht selten hinterher, oft geschuldet der Herausforderung, dass neue Technologien weltweit in Hunderten oder Tausenden von Hotels ausgerollt werden müssten.
Who wants to join?
Aber wer benötigt eigentlich neue Partner? Generell hängt es von verschiedenen Faktoren ab, welche Gesellschaften als Übernahmekandidaten gelten. Kleine Betreibergesellschaften mit begrenzter Digitalisierung und Modernisierung, Gesellschaften mit hohen Kapitalkosten, lokale Betreiberketten und Marken mit einem hohen Positionierungsgrad am Markt sind potenzielle Kandidaten.
Und wer sucht neue Partner? Hier zeigt sich: Große internationale Betreiber sind oft auf der Suche nach Marken für eine weitere Diversifizierung ihrer Portfolios und Absicherung von Marktanteilen. In den kommenden Jahren könnten auch die Eigentümer von venture-capital-getriebenen, jungen hybriden Betreibern zu Übernahmekandidaten werden, da die Eigentümer den Exit suchen oder suchen müssen, wenn die hohen Zinsen auf das Kapital nicht verdient werden können.
Quick overview – 10 Übernahmen und Fusionen der vergangenen Jahre
- Lindner und Hyatt kündigten Ende 2022 ihre Zusammenarbeit an, bei der Lindner seine Marke beibehält, aber Zugang zu den internationalen Vertriebskanälen von Hyatt erhält, um die Positionierung am internationalen Markt zu stärken. Gleichzeitig erweitert Hyatt seine Präsenz in Deutschland sowie in Zentral- und Osteuropa. (MRP ist beratend tätig)
- Die DER Touristik Group und die DSR Hotel Holding gründen wie 2021 angekündigt ein Joint Venture für den Betrieb und die Vermarktung von 16 nachhaltigen Hotels und Resorts in Europa, die durch „erdgebundene Transportmittel“ gut erreichbar sind. (MRP ist beratend tätig)
- Hyatt hat 2021 die Apple Leisure Group mit 100 Hotels und Resorts übernommen, um die Präsenz am europäischen Resort-Markt auszubauen, einschließlich der Integration von Treueprogrammen.
- Die HR-Group hat im Juli 2022 nach einer Insolvenz 25 Hotels der Success Group übernommen und konnte durch diese finanzielle Notlage der Success Group ihre Expansion fortsetzen.
- Im August 2022 wurden die Betreibergesellschaft sowie die Marke Amedia Hotels mit 23 Häusern in Europa von der HR-Group übernommen.
- Die HR-Group hat im September 2022 die österreichische Betreibergesellschaft Vienna House übernommen, wodurch ihr Hotelportfolio auf 145 Hotels erhöht wurde. Die Brand Vienna House wurde für 44 Millionen Euro an Wyndham Hotels & Resorts verkauft und wird in Zukunft als Vienna House und Vienna House Easy by Wyndham geführt.
- Ebenfalls im September 2022 schlossen sich die Benelux-getriebene Borealis Hotel Group und Bierwirth & Kluth zusammen und bilden nun die führende Betreibergesellschaft in der DACH-Region.
- Die Achat-Gruppe konnte Anfang dieses Jahres 13 Pachtbetriebe der Michel Hotel-Gruppe übernehmen. Die Immobilien bleiben im Eigentum der MH Global GmbH.
- Hyatt hat die Plattform Mr. & Mrs. Smith für einen Unternehmenswert von 53 Millionen Pfund erworben, was den Zugang zu 20 neuen Märkten eröffnet – darunter Kroatien und Island, in denen es bisher noch keine Hyatt Hotels gab.
- Goldmann Sachs hat unlängst die Marken Casa Cook und Cook's Club gekauft. Die beiden Brands umfassen 16 Franchise-Häuser am Mittel- und am Roten Meer. Die Investition soll die Expansion in europäischen Destinationen beschleunigen.
In a nutshell
- Die Hotelimmobilienbranche entwickelt sich ständig weiter und wird von zahlreichen neuen Playern am Markt stark durcheinandergewirbelt. Um den Anforderungen eines dynamischen Marktes gerecht zu werden, haben Fusionen und Übernahmen bei Hotelbetreibern in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen.
- Gründe dafür sind Aussichtslosigkeit und Überschuldung – aber auch Wachstum, Diversifizierung des Portfolios und Sicherung von Marktanteilen. M&A Deals dienen nicht nur der Absicherung der finanziellen Stabilität, sondern auch um Größenvorteile zu nutzen, neue Marken zu schaffen und neue Kundensegmente anzusprechen sowie Kosten einzusparen.
- Eine erfolgreiche Fusion oder Übernahme birgt aber auch Herausforderungen wie das Management unterschiedlicher Unternehmenskulturen, Markenidentitäten und regulatorischer Aspekte.
- Die kritische Größe von Betriebsgesellschaften in der Hotellerie ist schwierig zu definieren, da sie nicht nur von der Größe, sondern auch von Faktoren wie Produkttyp, Qualität der Mitarbeitenden, Bestandsverträgen und Ertragskraft abhängt.
Martin Schaffer ist seit 2012 Partner bei MRP Hotels; er zeichnet für das Business Development des Hotelimmobilienberaters verantwortlich und ist vorrangig im Bereich Feasibility Studien, Strategie-Development und Reorganisation von Hotelprojekten tätig. (Foto: MRP Hotels)