elevatr: Johannes Jungwirth, welchen Mindset-Change erforderte es, das Hotel im „Botschaft-Stil“ umzugestalten? Und sich von dem Gedanken an Komplettsanierung oder Verkauf zu verabschieden?
Johannes Jungwirth: Die Idee, dem Rheinland durch Umwandlung in ein Themenhotel eine neue Ausrichtung zu verschaffen, ergab sich aus der Überlegung, wie wir als kleines inhabergeführtes Unternehmen den neu hinzugezogenen Hotelketten in Bonn kreativ begegnen können. Der Betreiber Michael Schlößer und ich haben uns überlegt, wie wir einen USP schaffen können, der Gäste dazu bewegt, gezielt unser Hotel zu besuchen. Die Botschaften aus der Ära der Bonner Republik spielerisch zurückzuholen und so eine augenzwinkernde Zeitreise zu ermöglichen – das hatte es bislang noch nicht gegeben.
Sie haben das Hotel mit verhältnismäßig wenigen Mitteln upgegradet. Welche Zukunft haben derartige „Upcycling"-Maßnahmen?
„Wenige" Mittel ist relativ. Aber Upcycling an sich ist modern und zeitgemäß. Es zeigt ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit, aber vor allem auch Respekt für den Wert der Dinge. Das mögen die Gäste. Allerdings muss es auch zum Konzept passen, sonst macht es keinen Sinn. Das Bonner Basecamp mit seinen historischen Themenwohnwagen ist ein Vorzeigebeispiel für diesen Ansatz.
„Upcycling an sich ist modern und zeitgemäß.“
Was ist die Message des Hotels – und warum ist diese zukunftsfähig?
Wir wollen unseren Gästen einen unverkrampften Blick zurück in die Bonner Geschichte der 1960er bis 1980er-Jahre ermöglichen. Schließlich war Bonn einmal Hauptstadt und Geburtsstätte unserer Demokratie. Das wollen wir in dem kleinen Rahmen, den wir bieten können, erlebbar machen. Es gibt viel Historisches und Politisches aus der Zeit zu sehen, jedoch immer eingebunden in das Hotelerlebnis. Wir sind schließlich kein Museum.
Wie steht es um die Zukunft von Themenhotels – „still a thing“?
Oft haben wir zu hören bekommen, dass Themenhotels ein gestriges Konzept seien, und zugleich das Gegenteil bewiesen. Als wir Ende 2019 als erstes das US-Botschaftszimmer eröffneten, war das Feedback von Medien, Gästen und Branchenkollegen enorm. Daran hat sich nichts geändert. Es ist wie bei allen Produkten immer eine Frage der Treffsicherheit. Glück gehört zwar auch dazu, aber man muss sich schon überlegen, wen man genau ansprechen will. Disney hat kürzlich in Orlando ein Starwars-Themenhotel eröffnet. Eigentlich eine sichere Bank, doch die hohen Preise von 5.000 Dollar pro Nacht für ein Doppelzimmer machen ein Luxuserlebnis für sehr wohlhabende Gäste daraus. Das schreckt die Kernzielgruppe ab.
Wo liegen die künftigen Chancen und Herausforderungen am Bonner Hotelmarkt?
Wir müssen alle gemeinsam dafür sorgen, dass die Attraktivität von Bonn und der Region zum einen deutlicher wahrgenommen wird, zum anderen dazugewinnt. Das ist eine Frage des touristischen Marketings, aber auch der Politik. Bonn braucht Attraktionen, die 365 Tage im Jahr dafür sorgen, dass Menschen die Stadt besuchen und mehrere Tage vor Ort bleiben.
Interview: Anja Eigen